Wednesday, January 24, 2007

Regionalgebiet Südostasien: Minangkabau auf Sumatra

6. Regionalgebiet Südostasien: Minangkabau auf Sumatra

Die in den vorangegangenen Kapiteln besprochenen matrilinearen Gesellschaften haben bereits einen Einblick in die Vielfalt der sozialen Strukturen gegeben. Ausgehend von den Berichten über die irokesischen Stämme Nordamerikas mit der Besonderheit des Langhauses zu den vier Beispielen aus dem sogenannten ,,matrilinearen Gürtel`` des südlichen Afrika mit Masken- und Geheimbünden und den elaborierten Mädcheninitiationsriten. Im letzten Kapitel wird auf eine Bevölkerungsgruppe näher eingegangen, die heute zur weltweit größten Gruppe mit matrilinearer Abstammung und uxorilokaler Residenz zählt, nämlich den Minangkabau auf Sumatra.

Grundlage für die Einbeziehung der Minangkabau in diese Arbeit waren folgende Kriterien:

  • persönliches Interesse an Indonesien;
  • heute eine der bevölkerungsreichsten matrilinearen Gesellschaften der Welt;
  • Veränderungen durch den Islam im gesellschaftlichen Leben der Minangkabau;
  • Kombination von matrilinearen Rechtstraditionen (adat) und Islam;
  • Beziehungen zwischen den nördlichen patrilinearen Batak (Toba-Batak, Karo-Batak, Pakpak-Batak, Simelungun-Batak, Angkola-Batak und Mandailing-Batak) und den Minangkabau;
  • Gibt es Hinweise für einen Zusammenhang zwischen Migration, Kriegführung und dem Entstehen von uxorilokaler Residenz?
  • ,,long-distance trade`` der Minangkabau mit Gold und Eisen, aber ohne Ausbildung eines politischen oder religiösen Zentrums in der Vergangenheit.

Sumatra ist die zweitgrößte Insel der Republik Indonesien. Die Provinz Westsumatra - das heutige Siedlungsgebiet der Minangkabau - wird im Norden von der Provinz Sumatera Utara, dem Siedlungsgebiet der Batak, im Süden von der Provinz Jambi, im Osten von der Provinz Riau und im Westen vom Indischen Ozean begrenzt. Die Provinzhauptstadt Padang mit einer Bevölkerung von etwa 200.000 Einwohnern (1971) ist die größte Stadt von Westsumatra und liegt an der Küste, gefolgt von Bukit Tinggi, dem administrativen Zentrum des Distrikts Agam im Kernland der Minangkabau, mit ca. 50.000 Einwohnern (1971). Die beiden Städte bilden die wichtigsten urbanen Zentren der Provinz und sind mehrheitlich von Nicht-Minangkabau bewohnt. Die Westprovinz mit ca. 3 Millionen Einwohnern ist die am dichtesten besiedelte Region Sumatras (eine ähnliche Bevölkerungsdichte wie Java und Süd-Sulawesi), mit einer ethnischen Bevölkerungsverteilung von 91 % Minangkabau sowie Chinesen, Javanern und Batak. Eine weitere Million der Minangkabau-Bevölkerung lebt außerhalb der Provinz, vorwiegend in großen Städten (z.B. leben ca. 400.000 Minangkabau in der indonesischen Hauptstadt Jakarta). Über die Minangkabau wird gesagt, daß sie eine der wenigen ethnischen Gruppen seien, die ähnlich erfolgreich im Handel agierten wie die Chinesen. In der Provinz Westsumatra leben aber 86 % der Minangkabau-Bevölkerung in Dörfern. Administrativ werden die ländlichen Gebiete der Provinz in acht Distrikte (kabupaten), 73 Subdistrikte (kecamatan) und einige hundert Dörfer (nagari) eingeteilt.6.1

Die geographische Lage Sumatras zwischen Indien und China hat wesentlich dazu beigetragen, daß es bereits sehr früh unterschiedliche Einflüsse von außen gegeben hat. Dabei bildeten vor allem die Meeresstraßen von Malakka (zwischen Sumatra und Malaysia) und Sunda (im Süden, welche Sumatra von Java trennt) die Handelsrouten zwischen Indien und China. Die Handelsbeziehungen bildeten aber auch die Grundlage für das Eindringen der vier Weltreligionen in die indonesische Inselwelt, was zumindest beim Buddhismus, Hinduismus und Islam zu religiösen und politischen Zentren geführt hat.

In den frühen Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung wurde Südostasien als ,,Golden Khersonese``, das ,,Land aus Gold`` genannt. Später sollte der Pfeffer das Haupthandelsgut werden. Schriftsteller, Reisende, Seeleute wie Kaufleute der östlichen Welt kannten die Schätze der Region seit langem. Vom 7. bis ins 10. Jahrhundert waren Araber und Chinesen vor allem am Gold und an den Gewürzen als Handelswaren interessiert. Ab dem 15. Jahrhundert versuchten Seefahrer von den Häfen am Atlantik die unbekannte Welt der Gewürze zu entdecken. Südostasien war das Gewürzzentrum der Welt und zwischen 1000 und 1900 wurde der Welthandel durch die Ab- und Zunahme von Gewürzen in und außerhalb Südostasiens bestimmt.6.2

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